Richard Freudenberg ist eines der größten deutschen Talente. Die U18 hat er als Kapitän 2016 zum ersten DBB-Triumph beim prestigeträchtigen Albert-Schweitzer-Turnier geführt. Dennoch hat er sich (vorerst) gegen einen Profivertrag und für den Wechsel zu den St. John’s Red Storm in die NCAA entschieden. BASKET stellt den vielseitigen Small Forward vor.

Richard Freudenberg vom FC Bayern München attackiert in einem BBL-Spiel den gegnerischen Korb.

Als Small Forward verteilt Freudenberg seine 90 Kilo auf 2,04 Meter.
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Es geht endlich wieder aufwärts mit dem deutschen Nachwuchs. Auf Dennis Schröder folgen nun einige exzellente Youngster, die mit leider lange nicht gesehener Vehemenz ins Profilager drängen. Allen vo-ran ist da der starke 98er-Jahrgang zu nennen. Obwohl Leistungsträger Isaiah Hartenstein nicht dabei sein konnte, holte die Truppe von Bundestrainer Harald Stein bei der 28. Auflage des Albert-Schweitzer-Turniers in April erstmals den Sieg.

Einer der herausragenden Akteure dabei: Richard Freudenberg. Der 2,04 Meter große Forward war mit 11,9 Punkten neben Kostja Mushidi (15,1) im ausgeglichenen DBB-Team, das das hochkarätig besetzte Turnier mit weißer Weste gewann, der einzige „Double Digit“-Scorer, obwohl sein ansonsten so sicherer Wurf vor allem in den letzten Spielen nicht mehr wie gewohnt fiel (Quote: 36,4 %). Zudem war der Kapitän in den sieben Spielen mit 8,1 Boards (AST-Rang 4) Top-Rebounder unserer U18. „Die Jungs haben das super gemacht, sie sind alle gute Spieler, internationales Spitzenniveau. Und sie haben sich vertraut und so als Mannschaft sehr gut funktioniert“, freute sich Harald Stein nach dem Finalsieg. „Das ist eine sehr gute Generation, die wir da haben!“

DBB-Geschichte geschrieben
Richard Freudenberg hat den Coup von Mannheim nach eigener Aussage erst etwas später realisiert. „Das war unglaublich, eine wahnsinnige Erfahrung. Mein erstes Turnier in Deutschland, vor ein paar Tausend Leuten, die hinter einem stehen, und dann zum ersten Mal zu gewinnen – das ist etwas ganz Besonderes!“, bestätigt der 17-Jährige. „Ich persönlich habe erst ein paar Tage später realisiert, dass wir uns mit dem Premierensieg beim AST in den DBB-Geschichtsbüchern verewigt haben.“ Inzwischen sind die einmaligen Erfahrungen aber verarbeitet, und im Ernst des Lebens abseits des Courts hat der Forward das nächste Finale gut gemeistert, denn das Abitur ist in der Tasche. Nun, nur ein paar Wochen nach dem Ende der Saison 2015/16, in der er seine ersten drei BBL-Einsätze hatte und mit der zweiten Mannschaft des FC Bayern in die ProB aufgestiegen ist, warten auf Richard die nächsten Herausforderungen. Erst die U18-EM in Türkei, bei der sich das Team von Harald Stein einiges vorgenommen hat, dann der Schritt über den großen Teich. Denn im Gegensatz zu seinen Nationalmannschaftskollegen Kostja Mushidi und Isaiah Hartenstein, die sich für den Start in die Profikarriere entschieden haben, wechselt Freudenberg in die NCAA. 2016/17 schnürt der vielseitige Scorer für die St. John’s Red Storm die Stiefel. Sein Coach ist dort kein Geringerer als NBA-Legende Chris Mullin. „Ich denke, es ist für jeden Basketballer ein Traum, mal in den USA zu spielen. Ich konnte extrem viel von Svetislav Pesic lernen, er gibt einem sehr viel Selbstvertrauen, doch meine Entscheidung an ein College zu gehen, reifte schon seit dem Ende der zehnten Klasse. Es stand nur noch nicht fest, an welches“, sagt der Mann, der 2015/16 mit 19,2 Punkten zu den besten NBBL-Scorern gehörte. „Mein Vater hat auch in den USA studiert, und für mich war klar, dass ich meine basketballerische Ausbildung mit einer akademischen verbinden möchte, denn im Profisport kann es nun mal leider schnell vorbei sein. Deshalb ist das College für mich die beste Option.“

Von NBA-Legenden lernen
Und da Freudenberg seit einiger Zeit als europäisches Top-Talent gehandelt wird, haben zig ausgezeichnete Unis angefragt. „Kontakt hatte ich zu vielen Colleges, auch Duke, Wake Forest oder Gonzaga, angeschaut habe ich mir dann Vanderbilt, Miami, Boston College, Florida und St. John’s“, erklärt der Münchner, der im Interview nicht nur sehr zielstrebig und bodenständig, sondern für seine 17 Lenze auch schon äußerst reif wirkt. Am Ende gibt neben Coach Mullin, zu dessen Team auch Olympiasieger (1996), NBA-Champ (2002) und Hall of Famer Mitch Richmond gehört, vor allem das Bauchgefühl den Ausschlag für die Red Storm. „Ich habe mich sofort wohl und fast schon etwas heimisch gefühlt.“

Also heißt es nach der U18-EM New York City statt München. Business-Studium statt Profileben beim FC Bayern. Madison Square Garden statt Audi Dome. Big East Conference statt BBL. Und eben Chris Mullin statt Svetislav Pesic, was den zweimaligen Olympia-sieger und fünffachen NBA-All-Star, der 2015/16 seine Rookie-Saison als Headcoach hatte, natürlich auch freut. „Es ist toll, dass Richard sich für unser Programm entschieden hat“, sagt Mullin. „Er hat eine gute Shooting Range und einen hohen Basketball-IQ, dazu ist er vielseitig, kann mehrere Positionen spielen und wird in unserem System die Chance haben, zu glänzen und sich zu entwickeln.“ Primär soll Freudenberg auf der drei eingesetzt werden, aber auch mal als Shooting Guard oder Vierer.

Bis der Youngster, der zuletzt zweimal zum prestigeträchtigen Nachwuchsevent „Basketball without Boarders“ eingeladen worden ist, im November sein College-Debüt feiern wird, ist Eisenfressen und zulegen angesagt. Die Coaches haben dem 90-Kilo-Allrounder eine 6.000–Kalorien-Diät verpasst, dazu wird der Kraftraum sein zweites Zuhause sein, denn „die 100 Kilo sind anvisiert“, und in der NCAA warten andere Kaliber als beim AST oder in der NBBL. Good luck, Richard!