Es ist schon dunkel geworden, als Monja Willis an diesem Spätsommerabend im Jahr 2004 nach Hause kommt. Die Schicht in der AT&T-Filiale in Pasadena war anstrengend, die Busfahrt hinüber zu ihrem Haus in Rancho Dominguez, einem Teil von Compton, einem Vorort der kalifornischen Millionenstadt Los Angeles, hat mal wieder lange gedauert. Zu lange, um die Kinder noch ins Bett zu bringen. Auch der kleine James hat sich bereits auf sein Zimmer zurückgezogen, immerhin beginnt für den 14-Jährigen am nächsten Tag ein neues Jahr an der High School. Monjas jüngstes Kind, das sie gemeinsam mit James Harden Sr. in die Welt gesetzt hat, ist ein solider Schüler, wenn man bedenkt, wie viel Zeit er auf den Freiplätzen der näheren Umgebung verbringt. Auch wenn sein Vater wegen Drogenmissbrauch ständig im Knast sitzt, hat der junge Basketball-Freak den Blick für das Wesentliche nicht verloren. Jedenfalls, das muss sich Monja eingestehen, nicht so sehr wie einige andere in seinem Alter. Als sie sich in der Küche ein Glas Wasser einschütten will, bemerkt sie auf dem Tisch einen handgeschriebenen Zettel. Mit grünem Textmarker hat ihr Sohn ein paar Zeilen gekritzelt. „Kannst du mich bitte morgen um 7 Uhr wecken? Und mir vielleicht ein paar Dollar fürs Essen geben?“, steht da in der wackligen Handschrift des Linkshänders. „Danke. James.“ Doch Harden Jr. hat nicht einfach nur seinen Namen zu Papier gebracht, er hat das Blatt für seine Mutter – fast unleserlich – mit einer Art Autogramm unterschrieben. Als sich Monja gerade fragt, was das soll, liest sie die letzten Worte auf dem Zettel. „P.S.: Schmeiß den Zettel nicht weg. Ich werde irgendwann ein Star sein.“

Die einzige Hoffnung auf Erfolg
Den Zettel hat Monja Willis noch heute. Sie bewahrt ihn auf ihrem Kleiderschrank auf, in einer Kiste mit vielen anderen Erinnerungen. Sie hat ihn mit nach Tempe, Arizona, genommen, wo ihr Sprössling für das College-Team der Arizona State spielte. Mit nach Oklahoma City, wo ihr mittlerweile bärtiger Nachfahre seine ersten NBA-Jahre verbrachte. Und schließlich mit nach Houston, wo James Harden „The Beard“ wurde, einer der Superstars der NBA. Dort hat James ihr ein Haus gekauft, nur 20 Minuten entfernt von seinem eigenen, Mama ist bei jedem Heimspiel dabei. Ganz wie früher. Doch was in seiner Kindheit als Liebe zum Spiel begann, ist heute harter NBA-Alltag für den 26-Jährigen geworden. Denn vor der neuen Saison mit „seinen“ Rockets steht Harden- die wohl schwerste Herausforderung seiner bisherigen Karriere bevor: die „Raketen“ wieder in die Spur zu bringen – und das mit nahezu der kompletten Last auf seinen Schultern. Als sein Kumpel und Mitspieler Patrick Beverley gefragt wird, was er von Harden in dieser Saison erwartet, kommt die klare Antwort: „Ganz einfach: Er muss MVP werden und uns in die Finals führen.“ Der Tenor in den Medien ist der gleiche. „Eines ist doch ganz klar: Houston wird genau so weit kommen, wie Harden sie trägt. Und kein Stückchen weiter“, so Oliver Maroney von „Basketball Insiders“.

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