Ich war vor Ort in Miami, um herauszufinden, wie die Miami Heat sich entwickelt haben seit Dwyane Wades Rückkehr nach Florida. Die Zahlen sprechen erst einmal eine deutliche Sprache: in 22,7 Minuten erzielt er hervorragende 13,7 Punkte pro Partie (gegenüber 11,2 ppg in 23,2 Minuten in Cleveland). 48,1% seine Würfe finden ihr Ziel. Und keiner im Team der Heat erzielt im vierten Viertel mehr Punkte als er – 5,8 Punkte! Das Team hat einen Playoffplatz relativ sicher und schielt mit einem Auge weiter nach oben.

Doch es war nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen zwischen der Franchise-Führung um Pat Riley und D-Wade. Als D-Wade vorletzte Saison keine finanzielle Einigung mit Heat-Präsident Pat Riley fand, verließ der frustrierte Guard das einzige Team, was der fünfte Pick der 2003 Draft bis dato kannte. Wade war so sauer, dass eigentlich gar keine Chance auf eine Rückkehr bestand. Erst bei der Beerdigung seines langjährigen Agenten Henry Thomas Anfang 2018 sprachen sich Pat Riley und Dwyane Wade aus und umarmten sich. Als dann bei der Trade Deadline dieses Jahres die Chance bestand, den 36-Jährigen wieder nach Miami zu holen, zögerten die Heat keine Sekunde. Nach verkorksten anderthalb Jahren in Chicago und Cleveland war der dreimalige NBA-Champion endlich wieder da angekommen, wo er hingehört. Zuhause! In Miami!

Dieses vermeintliche Happy End war aber keine Garantie, dass es auch sportlich klappen würde. Es ist unglaublich schwer, einen alternden Superstar in ein Team einzubauen. Besonders wenn dieser Superstar eine lebende Legende ist, aber sportlich bereits seinen Zenit überschritten hat.

Mittlerweile ist es nämlich nicht mehr das Team des Shooting Guards. Goran Dragic zieht die Fäden beim dreimaligen NBA Champion. D-Wade kommt von der Bank. So eine Rückkehr ist normalerweise keine leichte Aufgabe für Coaching Staff und Team. Deswegen sprach ich beim Training unter anderem mit meinem alten Bekannten Erik Spoelstra, der Anfang der 90er Jahre in der 2. Liga Nord für den TuS Herten auf Korbjagd gegangen ist. Spoelstra arbeitet seit 2003 mit Wade zusammen.

Coach Spo sagte mir gegenüber, dass der zwölfmalige All-Star seine neue Rolle begeistert angenommen hat. Vom Timing her hätte es einfach gestimmt. „Sein Einfluss auf dieses Team, diese Franchise, diese Community ist immens. Wir brauchten einfach einen Spieler seines Formats mit solch einem Selbstvertrauen, so viel Erfahrung und solchen Qualitäten,“ sagt der 47-jährige Cheftrainer. „Um so eine Rolle zu spielen, brauchst du einen enorm emotional stabilen Typen, der sich anpassen kann und überhaupt so eine Rolle akzeptiert. Das können wohl nur ganz wenige Hall-of-Famer. Er kann genau das sein, was er immer für uns war, aber eben bei reduzierter Spielzeit. Explosive 20 bis 25 Minuten pro Spiel brauchen wir von ihm.

Muss D-Wade teilweise gestoppt werden? „Nein, er versteht seine Rolle einfach. Dwyane ist sehr intuitiv. Wir haben gleich nach seiner Rückkehr kurz darüber gesprochen, aber wir sind beide auf einer Wellenlänge und verstehen, worum es geht. Das ist ja das Schöne. Wir haben schon so lange zusammengearbeitet. Über die Jahre hinweg hatte er bereits so viele verschiedene Rollen bei uns. Man hört es immer wieder bei großartigen Spielern, dass sie einen hervorragenden Intellekt haben. Er hat einfach verstanden, worum es geht. Er weiß, wie er dem Team helfen kann. Das ist eine weitere Hall-of-Fame-Qualität, die er besitzt.

Dem wollte ich natürlich weiter auf den Grund gehen, Wie sehen es die Mitspieler? In der Zeit, wo Wade weg war, hat sich Goran Dragic zu einem All-Star entwickelt. Nun kommt der verlorene Sohn zurück. Goran, beschreibe doch mal bitte Deine Beziehung zu D-Wade…

„Ich hatte immer eine tolle Beziehung zu D-Wade. Als ich damals nach Miami gekommen bin, hat er mir sehr geholfen. Als ich gehört habe, dass er wiederkommt, war ich begeistert,“ sagte der Slowene. Wir brauchten einfach so einen Spieler wie ihn auf dem Court und im Locker Room, mit seiner Ruhe und seiner Erfahrung. Ein zukünftiger Hall-of-Famer.“ Goran, aber mal Hand auf das Herz: wessen Team ist es denn nun, Deins oder Wades? „So habe ich das noch nie gesehen. Das Team gehört uns allen. Basketball ist ein Mannschaftssport, da gibt es keinen Platz für Individualisten,“ erwidert der 31-jährige EM-MVP des letzten Jahres.

Na ja, fragen wir mal weiter. Bevor Wade mit Wut im Bauch Richtung Chicago abgehauen war, hatte er Justise Winslow unter seine Fittiche genommen.

Justise, Deine Statistiken sind besser geworden seit Wade wieder zurück ist, und ihr gewinnt mehr Spiele. Gibt es da einen Zusammenhang? „Seit D-Wades erstem Spiel ist die Stimmung in der Arena elektrisch. Du kannst die Energie in der Halle und der ganzen Stadt spüren. Eine positive Atmosphäre. Viel Spaß im Locker Room. Diese gute Energie ist ansteckend und hat mir wirklich geholfen. Im Training spielen wir, die Ersatzspieler, in weißen Trikots. Wir nennen uns die „Platinum Squad“ und die „Platinum Squad“ gewinnt seit D-Wade wieder da ist normalerweise immer.

Was sagte denn Wade selbst zu seiner Rolle als Bankspieler? „Ich mag es. An diesem Punkt in meiner Karriere kann ich damit leben. Wenn der Coach und die Situation es verlangt, dass ich starte, mache ich das natürlich. Aber ich habe kein Problem damit, weiterhin von der Bank zu kommen.“

D-Wade sagte bereits, dass er den Rest seiner Karriere nur noch für die Heat spielen möchte. Stellt sich nun die Frage, was die Miami Heat dem Gesicht ihrer Franchise diesen Sommer anbieten werden. Hoffentlich endet die Liebesgeschichte zwischen Pat Riley und „Flash“ nicht wieder wegen des lieben Geldes.