Die NBA hat in den USA schon lange den anderen Sportarten den Rang abgelaufen. War es früher noch einzig und alleine die NFL, ist es heute die NBA, die es geschafft hat, fast täglich in aller Munde zu sein. Was alleine in den letzten Tagen und Wochen los war, ist besser als jede Seifenoper. Politik? Weißes Haus vs. Golden State Warriors. LeBron vs. „Shut up and Dribble“. Gesundheit? DeMar DeRozan spricht über Depressionen. Kevin Love äußert sich zu Panikattacken. Mavericks? Dirk Nowitzki bezeichnet das Verhalten einiger männlicher Angestellten im Mavericks-Büro als „ekelhaft“. Mark Cuban muss 600.000 US Dollar berappen für seine Aussage, dass er sein Dallas-Team zum „Tanking“ aufgerufen hat. Film und Fernsehen? Kobe Bryant gewinnt einen Oscar für den Kurzfilm „Dear Basketball“. Der ehemalige Superstar der Lakers nutzte sein Forum und bewies einmal mehr, dass Sportler mehr können als „Shut up and Dribble“.

Ich könnte noch stundenlang weitermachen, aber das Sportliche sollten wir ja auch nicht vergessen, denn was wir da derzeit sehen, ist nicht von schlechten Eltern. Es sind nur noch wenige Wochen bis zu den Playoffs. Da wage ich doch schon mal den Blick nach Vorne. Die Warriors und Rockets liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Tabellenführung in der Western Conference. James Harden kristallisiert sich immer mehr als MVP der Saison heraus und zeigt den Kritikern, dass er durchaus zusammen im Backcourt mit Chris Paul harmonieren kann. Die Portland Blazers hatten wohl nur wenige so stark erwartet. C.J. McCollum und besonders Damian Lillard schießen Abend für Abend die Lichter aus. Wenn die beiden defensiv ein wenig stärker wären, würden wir sie mit Sicherheit zu einem der besten Duos der NBA zählen. Und was ist bitte los in San Antonio? Der sonst so ruhige Kahwi Leonard liegt im Clinch mit den Spurs Verantwortlichen und lehnt ganz nebenbei einen neuen Vierjahresvertrag von der Jordan Brand für 20 Millionen US Dollar ab – ohne überhaupt auf dem Court zu stehen, da der einstige Finals MVP immer noch mit einer muskulären Verletzung außer Gefecht gesetzt ist. In den USA gucken natürlich viele auf den Hollywood-Klub, die Los Angeles Lakers, die sich ohne Frage verbessert haben, aber dieses Jahr den Sprung in die Playoffs wieder mal verpassen werden.

Am Ende des Tages gibt es nur eine Erkenntnis: Im Westen nichts Neues! Die Warriors werden im Juni wieder mal mit Heimvorteil in den NBA Finals stehen und den Titel holen. „Chef“ Curry, KD und ein überragender Steve Kerr haben es geschafft, dass die vielen Stars im Team ihr Ego am Kabineneingang an den Haken hängen und sich alle dem gemeinsamen Ziel Meisterschaft unterordnen. Wie gut die Warriors wirklich sind, werden wir wohl erst in den Western Conference Finals wirklich sehen, wenn die Houston Rockets sie herausfordern. Die Dreier werden hüben wir drüben nur so durch die Luft segeln, aber die Warriors haben etwas, was die Rockets nicht haben, und das nennt sich Defense.

Was passiert im Osten? Ich persönlich habe mich sehr darüber gefreut, dass Dywayne Wade zurück in Miami ist. Die neuen Trikots, die sehr stark an die Serie „Miami Vice“ erinnern, sehen gleich viel besser aus und verkaufen sich auch zigmal so gut, wenn der 36-Jährige es trägt! Der Mann mit der Trikotnummer 3 gehört zwar zum älteren Eisen, aber der Heat-Guard hat bereits gezeigt, wie wichtig er für sein Team ist. In wichtigen Momenten kann er immer noch Akzente setzen und ein Spiel nach Hause bringen. Mit ihm wird die South Beach Crew den Sprung in die Playoffs schaffen. Da bin ich mir sicher. Leider wird in der ersten Runde der Playoffs für sie Endstation sein. Da lege ich mich fest.

An der Spitze der Eastern Conference kann es für mich nur einen geben. Und das sind die Toronto Raptors. Mit was für einer Konstanz DeRozan, Kyle Lowry und Co. ihr Programm runterspulen, ist wirklich beeindruckend. Die Boston Celtics haben mit Kyrie Irving zwar einen überragenden Mann in ihren Reihen, der Spiele auch mal alleine entscheiden kann, und mit Brad Stevens den derzeit möglicherweise besten Coach der NBA an der Seitenlinie, aber dem Rekordmeister fehlt Gordon Hayward, um am Ende die Nummer des Ostens werden zu können.

Natürlich darf man ein Team mit LeBron James niemals abschreiben, aber meines Erachtens wird King James dieses Jahr die NBA Finals auf seiner Couch verfolgen müssen. Kevin Love ist nicht stark genug als Option Nummer zwei in der Offense, auch wenn er den Statistikzettel jeden Abend mit 20 Punkten und zehn Rebounds füllt. Zum einen ist er immer noch mit einer Handverletzung raus und zum anderen hat er nicht den Biss, um defensiv eine Macht zu sein. Dabei habe ich bisher nicht mal erwähnt, dass die vielen neuen Spieler, die kurz vor der Trade Deadline in Cleveland gelandet sind, Monate brauchen werden, um in den Playoffs wirkliche „Difference Maker“ zu sein. Auch der vielleicht beste Spieler der NBA, LeBron James, wird da nicht reichen.


Der Autor:

Dean Walle ist Basketball-Journalist in den USA und schreibt direkt aus den Staaten für BASKET. Mit spitzer Feder und sportlichem Sachverstand nimmt er die Geschehnisse der besten Basketball-Liga der Welt in seiner neuen BASKET-Kolumne unter die Lupe.