Seit Jahren wird gemosert, kritisiert und abgewertet, wenn es um die Golden State Warriors geht. Die Basketball-Welt hat sich lange der Tatsache verweigert, dass wir Zeuge eines der größten Projekte aller Zeiten werden. BASKET meint: Diese Zeiten müssen nach der dritten Meisterschaft in vier Jahren jetzt vorbei sein!

Der letzte Akt auf dem Weg zur dritten Meisterschaft in vier Jahren war eine Demonstration der Macht, der eigenen Stärke. Nur eines ihrer neun Heimspiele in der Quicken Loans Arena hatten die Cleveland Cavaliers in den NBA-Playoffs 2018 verloren, bis sie in den Finals auf die Golden State Warriors trafen – und vor heimischem Publikum mit 102:110 und 85:108 untergingen. Hätte es noch einen Beweis benötigt, wie sehr die Warriors die NBA dominieren, dies wäre er gewesen. Nach nervenaufreibenden sieben Spielen in den Conference Finals gegen die Houston Rockets war die Sache in den NBA-Finals nach vier Spielen erledigt. Und wie schon 2015, beim ersten Titel von Steph Curry, Klay Thompson, Draymond Green und Co., wurde auch diesmal die Gäste­kabine in Cleveland zum Schauplatz der feucht-fröhlichen Warriors-­Party. Und während seine Spieler wie Kinder durch die Katakomben springen, sich gegenseitig mit Champagner bespritzen und pseudo-witzige Sprechchöre jaulen, versucht Headcoach Steve Kerr, seine Gedanken zu ordnen. „Ich kann mich gut daran erinnern, wie wir hier vor drei Jahren gesessen haben. Da kam mir alles wie ein Traum vor. Heute fühlt es sich wie die Realität an“, so der 52-Jährige, seit Mai 2014 auf der Bank der Warriors. „Ich freue mich immer noch extrem, aber mit den Gedanken bist du auch bei dem Weg, den wir alle zusammen gemacht haben.“

Zeiten

Die Golden State Warriors gewannen drei Meisterschaften in vier Jahren (Foto: Getty Images).

Kritik von allen Seiten

Und dieser Weg ist extrem beeindruckend. 2015, 2017 und 2018 sind die „Dubs“ NBA-Champion geworden, nur der leichtfertig verspielte 3:1-Vorsprung in den Finals von 2016 steht dem Status „vier Titel in Folge“ im Weg. Kerr, der bisher in jeder seiner Trainer-Saisons in den Finals stand, hat ein Team aufgebaut, das nicht nur Rekord um Rekord bricht, sondern die NBA so dominiert wie kaum ein anderes Team in der Geschichte der NBA. Das Team-Basketball spielt, der zwar auch Isolations im Repertoire hat, aber sich bei laufendem Motor nicht hinter dem „Perfect Ball“ der San Antonio Spurs aus den Finals von 2014 verstecken muss. Die Angst vor den Warriors bestimmt die NBA seit Jahren. Doch geliebt werden sie nicht. Selbst der Respekt geht vielen NBA-Fans ab, wenn sie an die Franchise aus der Bay Area denken. Sie zerstören die Balance der Liga, so lautet der Vorwurf, der spätestens mit der Verpflichtung von Kevin Durant im Sommer 2016 laut wurde. Sie sind so gut, dass die NBA langweilig geworden ist. Doch nun, nach dem Titel 2018, der wesentlich härter erkämpft war als der 2017, ist es an der Zeit, die Warriors als das zu akzeptieren, was sie sind: eines der besten Teams, die die NBA jemals gesehen hat! Man muss dieses Team nicht lieben, doch der Respekt vor den Warriors sollte in den Fan-Lagern der Liga nun endgültig Einzug halten!

„Ich bin vielleicht der Falsche, um diese Frage zu beantworten“, sagt Point Guard Steph Curry, als er im Rausch seines dritten Titels gefragt wird, wo er selbst die Warriors zwischen den größten Teams der NBA-Historie einordnen würde. „Ich weiß nur, dass wir Dinge erreicht haben, die nicht viele Teams vorweisen können. Was das im Vergleich mit den besten Teams der Geschichte bedeutet, damit können wir uns später in unserem Leben noch befassen. Aber wir wollen so weitermachen, solange es geht.“ Unstrittig ist aber, dass die Warriors im Konzert der ganz Großen angekommen sind. Dort, wo bisher nur die Bulls der 90er, die Celtics der 50er und 60er, die „Showtime-Lakers“ der 80er und die Lakers um Kobe und Shaq von Anfang des Jahrtausends waren. „Das ist eines der besten Teams, die jemals zusammengestellt wurden, so ehrlich müssen wir sein“, sagte ein demoralisierter LeBron James nach dem „Sweep“ in den Finals. Wie recht er hat! Wo auch immer man die Dynastie der Warriors aktuell einordnet, in Sachen individuelle Qualität gab es nie ein besseres Team. Alleine die Starting Five hält vier künftige Hall-of-Famer bereit. Einer davon (Curry) ist der beste Schütze aller Zeiten, ein anderer (Durant) der wohl beste Offensivspieler der aktuellen NBA – und das will bei der Masse an Talent in der heutigen NBA etwas heißen. Dazu mit Draymond Green ein „Defensive Player of the Year“ und mit Klay Thompson einer der besten Shooter und One-on-one-Defender, die der Basketball kennt. Dass mit Andre Iguodala ein Finals-MVP von der Bank kommt, setzt dem Ganzen die Krone auf. Shaun Livingston, David West (Ex-All-Star) oder Nick Young passen ebenfalls perfekt ins Konzept – auch das braucht ein legendäres Team. „Ich weiß noch nicht genau, auf welchem Platz sie in meinen Büchern landen, aber sie schreiben auf jeden Fall ein ziemlich starkes Kapitel“, sagt LeBron.

Erfolgsfaktor auf der Trainerbank

Mit einem solchen Roster liegt der Gedanke nahe, dass selbst ein Grundschul-Sportlehrer dieses Team zur NBA-Championship führen könnte. Doch das ist ein Trugschluss, der dazu verleitet, respektlos auf die Arbeit von Steve Kerr zu blicken. Denn die Fähigkeiten des nun achtfachen NBA-Champions (fünfmal als Spieler, dreimal als Coach) sind mitentscheidend für die Stärke der Franchise. Der Ex-Mitspieler von Michael Jordan und Scottie Pippen hat den „Dubs“ eine Erfolgsmentalität eingehaucht, die er aus Chicago (wo er 1996 bis 1998 Meister wurde) und San Antonio (1999 und 2003) mitbrachte. Seit er das Team 2014 übernommen hat, liegt die Siegquote der Warriors bei 80,8 Prozent in der Regular Season, 75,9 Prozent in den Playoffs! Bei diesen Werten sind vier Finals-Teilnahmen und drei Titel fast folgerichtig.

Team

In den NBA-Finals 2018 legte Steph Curry 27,5 PPS, 6,8 AS und 6,0 REB auf (Foto: Getty Images).

Kerrs Erfolgsgeheimnis: Er weiß, wie die Spieler ticken, was sie brauchen. Kaum ein Coach gibt seinen Spielern so viel Selbstvertrauen. Das sorgt nicht nur regelmäßig für spannende „Wired“-Momente auf ESPN, wenn seine Ansprachen laut zu hören sind, sondern ist ideal für Spieler wie Curry, Durant und Thompson, die regelmäßig verrückte Würfe nehmen und genau dafür die Rückendeckung des Coaches spüren müssen. „Wenn jemand so sehr an dich glaubt, wie Steve Kerr zum Beispiel an Steph Curry glaubt und ihm Rückendeckung gibt – würdest du nicht alles für diesen Coach geben?“, sagt Jerry Barca vom „Forbes“-Magazin. Und dennoch: Ein (ernst gemeintes) Wort, wie wichtig er für die Franchise ist, wird man von Steve Kerr nie hören. Haben die Warriors – wie fast immer – Erfolg, ist es der Erfolg der Spieler, lässt Kerr die Medienvertreter gebetsmühlenartig wissen. „Man sollte seinen Anteil an dieser Dynastie nicht unterschätzen – auch wenn Steve das selbst wohl am liebsten so hätte“, sagt Colin Ward-Henninger von „CBS Sports“.