Die Bedeutung von Michael Jordan für den Basketball lässt sich bis heute kaum in Worte fassen. „Air Jordan“, wie er von seinen Fans liebevoll genannt wurde, hob seinen Sport auf ein neues Level. Das wurde nun durch die Dokumentation „The Last Dance“ besonders deutlich.
Michael Jordan

„The Last Dance“ bot intime Einblicke in die Bulls der 90er Jahre. (Foto: getty images)

Mit seiner enormen Strahlkraft, die weit über den Court hinausging, wurde er zum ersten globalen Superstar. Seine Erfolge sind immer fast unerreicht. Vierzehn Jahre lang spielte er für die Chicago Bulls und führte das legendäre Team in der Startaufstellung mit Ron Harper, Scottie Pippen, Dennis Rodman und Luc Longley zu unzähligen Erfolgen. Er gewann in den Jahren 1991 bis 1993 und von 1996 bis 1998 insgesamt sechsmal die NBA. Mit jeweils mehr als 2000 Punkten (im Durchschnitt waren es 31,5 Punkte je Match) in elf Saisonen stellte er dabei einen Weltrekord auf. Das US-Nationalteam führte Jordan 1984 und 1992 jeweils zu olympischem Gold. Nun würdigt Netflix den Jahrhundertsportler mit der zehnteiligen Dokumentation „Der letzte Tanz“.

Von Ehrgeiz getrieben

Im Mittelpunkt der Serie auf Netflix steht die berühmt-berüchtigte Saison 1997/1998, in der Michael Jordan mit den Chicago Bulls seinen letzten Titel gewann. Danach wurde die legendäre Mannschaft aufgelöst. Das bisher unveröffentlichte Material zeigt einen Sportler, der nie anders konnte, als 100 % zu geben. Wer ihm beim Erreichen seiner Ziele im Weg stand, der hatte es nicht leicht. Ob Manager, Teambesitzer oder Mitspieler, sie alle bekamen den brennenden Ehrgeiz der Basketball-Legende zu spüren.

Erstaunlich dabei ist, das Jordan keineswegs das Leben eines Basketball-fixierten Einsiedlers führte, ganz im Gegenteil. Er genoss sein Leben in vollen Zügen. Seine ausgedehnten Partys und Abende im Casino waren nie ein Geheimnis. Auf seine herausragenden Fähigkeiten auf dem Platz hatte dies wenig Einfluss. Während seiner gesamten Karriere verschrieb sich Jordan dem Ziel der besten Spieler aller Zeiten zu sein. Das war in seinem Fall immer ein Slam Dunk. Dieser Begriff aus der Basketball-Welt bezeichnet eine sichere Sache und das war der Erfolg von Michael Jordan zu jeden Zeitpunkt seiner Karriere. Sein Ehrgeiz und sein unbedingter Wille zum Sieg verhalten ihm zum Status einer unantastbaren Legende. Daran wird auch die neue Dokumentation nichts ändern, selbst wenn sie einen Blick auf die Schattenseiten seiner Persönlichkeit wirft. Denn genau das macht sie auch so besonders.

Wieder blickt alle Welt auf Jordan

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung war ideal. Als die Stadien in den USA leer standen, fesselte „Der letzte Tanz“ die Fans. Der US-Sportsender ESPN machte den Anfang und freute sich über eine tolle Einschaltquote von sechs Millionen Zuschauern. Netflix zog einen Tag später nach und landete mit der Michael Jordan Dokumentation einen globalen Superhit. Der unglaubliche Erfolg beweist, dass „His Airness“ immer noch weltweit die Massen in seinen Bann ziehen kann.

In jener berühmten letzten Saison mit den Chicago Bulls, ließ sich der Star und sein Team auf Schritt und Tritt von Kameras begleiten. Dass so ein Format die Zuschauer fesseln kann, bewies vor Jahren auch die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit „Deutschland. Ein Sommermärchen“. Doch im Gegensatz zum deutschen Kinofilm sollte es diesmal 22 Jahre dauern, bis die damaligen Aufnahmen das Licht der Öffentlichkeit erblicken konnten. Wenn man die Serie sieht, weiß man auch warum.

Michael Jordan hatte damals ein Veto-Recht. Er alleine konnte bestimmen, was, wann und wo veröffentlicht werden sollte. Das, was man heute zu sehen bekommt, war eigentlich nie für die Öffentlichkeit bestimmt. Die Dokumentation zeigt das beste Basketball-Team jener Zeit in einem nie enden wollenden Psycho-Krieg. Jordan beherrschte und herrschte mit eiserner Faust. Wer sich ihm widersetzte, bekam die volle Wut des Superstars zu spüren. Er wollte den Erfolg und das um jeden Preis. Streitereien, Hänseleien und sogar Handgreiflichkeiten prägten das Bild.

Der Michael Jordan, der in „Der letzte Tanz“ gezeigt wird, hat phasenweise wenig mit jener Person zu tun, die man aus unzähligen Werbespots, Kinofilmen und öffentlichen Auftritten kannte. Damals pflegte er sein Image wie kein zweiter Athlet. Umso mehr muss man seinen Mut bewundern, dass er diese Bilder freigab. Er, der alleine mit seinen legendären Nike-Sneakers ein Vermögen verdient hatte, war immer penibel darauf bedacht, nur ja niemanden öffentlich zu verärgern.

Hinter den Kulissen spiele er jedoch seine Macht gnadenlos aus. Doch wenn man den grenzenlosen Ehrgeiz des Michael Jordan akzeptiert, dann versteht man auch seinen Antrieb dieser Dokumentation grünes Licht zu geben. Wer an seiner Seite siegen wollte, musste seine Ansprüche um jeden Preis erfüllen. Mit „Der letzte Tanz“ beweist Jordan allen Generationen, die nach ihm kamen, ein letztes Mal seinen Ausnahmestatus im Basketball.