Fans und Kritiker verfolgen LaMelo Ball schon seit der schlaksige Teenager in viel zu großen Trikots über die kalifornischen High-School-Hardwoods schwebt. Als jüngstes Aushängeschild einer kontroversen Basketballfamilie lernt er schnell, mit dem exorbitantem Druck von außen umzugehen. Und auch in der NBA hält er diesem Stand – sogar so gut, dass ihm viele nun noch weitaus größere Würfe mit den Charlotte Hornets und in der besten Basketball-Liga der Welt zutrauen!

Mit 19,2 Punkten pro Spiel ist LaMelo Ball bei den Charlotte Hornets zweitbester Scorer.
LaMelo Ball (Charlotte Hornets, l.) zieht an Jevon Carter (Brooklyn Nets) vorbei. (Foto: Rich Schultz/Getty Images)

Die Augen sind immer da. Ganz egal, wo er hingeht. Wachsam und unersättlich verfolgen sie ihn, warten auf das, was als nächstes passiert. Es sind Tausende, Millionen wenn man die in den Weiten der digitalen Welt mitzählt, und jeden Tag kommen ein paar weitere hinzu. Kein Schritt ist möglich ohne Aufschrei, kein Wort ohne Kommentar. Vor allem aber tragen die Augen ein Gewicht mit sich, das durch ihre bloße Anwesenheit schon zur Bürde werden kann.

Zumindest wäre es so für viele andere. Für LaMelo Ball allerdings ist es einfach nur das Leben. Ein Leben, das er seit frühester Kindheit nicht anders kennt. Seit den Tagen, an denen er quasi mit den ersten aufrechten Schritten in Richtung vorbestimmter Zukunft unterwegs war. Diese Zukunft ist jetzt. Er hat die Prophezeiung erfüllt und ist in der NBA angekommen. Und hier können die Augen erst recht nicht mehr von ihm lassen.

Sportliche Neugier gepaart mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein

Da sind die kreativen Pässe, von denen viele Zuschauer oder selbst Mit- wie Gegenspieler gar nicht wussten, dass sie überhaupt existieren. Ebenso sind da diese ansatzlosen, tiefen Dreier, die er gekonnt mit einer immer noch seltsam anmutenden Bewegung versenkt, die eigentlich so gar nicht für die ganz große Bühne geschaffen zu sein scheint. Da sind das Lächeln und der jugendliche Frohmut, welchen er mit sportlicher Neugier und unerschütterlichem Selbstbewusstsein paart, so als ob es nichts Leichteres auf dem härtesten Hardwood der Welt geben könnte.

Die ganze (Basketball-)Welt kennt die Geschichte von LaMelo Ball

Für LaMelo sind diese Dinge sein Alltag, sie sind es, was ihn ausmacht. Diese Art von Spieler, die er in diesen Tagen in der NBA verkörpert, ist zweifelsohne einzigartig. Ganz so, wie sein kompletter Werdegang. Die gesamte Basketballwelt kennt die Geschichte von LaMelo Ball. Schließlich schreiben sein Vater LaVar, er selbst, wie auch seine Brüder, sie vom ersten Tag an auf große digitale Plakate. Mit „Sponsored by Big Baller Brand“ fasziniert die Familie Ball eine ganze Generation junger Hoopster. Sie fordert nicht nur etablierte Basketballeminenz heraus, sondern ist sich auch für wenig zu schade. Dabei kreiert sie ein Medienphänomen, das sich in einer Mischung von Kuriosität, Reality TV und ein klein wenig Fremdscham selbst in ungeahnte Höhen katapultiert.

Mein ganzes Leben war mir dieser Weg vorgezeichnet“

LaMelo Ball

Dass es nicht endet wie der Hochmut des Ikarus, der in der alten griechischen Sage der Sonne zu nah kam und daraufhin ins Meer stürzte, ist fast allein LaMelos Verdienst. Er legitimiert viele der Worte seines vollmundigen Vaters, er erfüllt viele der Lobpreisungen von einst. Und er erfüllt eine Vorbestimmung, die für viele lange Zeit wie Wunschdenken ausah. Nicht aber für den entscheidendsten im gesamten Konstrukt – LaMelo selbst.

„Mein ganzes Leben war mir dieser Weg vorgezeichnet“, sagt der Combo-Guard, der sich in seinem zweiten Ligajahr mit 19,3 Punkte, 7,3 Rebounds, 7,6 Assists (Stand: 13. Januar 2022) in den erweiterten Kreis der NBA-Elite vorarbeitet. „Seit ich geboren bin habe ich dieses Ziel vor Augen gehabt, alles wurde so geplant und darauf ausgerichtet. Jetzt kommt mir vieles von dem, was passiert, relativ normal vor. Wobei ich nicht sicher bin, was normal ist, mein Weg ist schließlich anders. Aber ich wusste schon immer, was es heißt, ein Star zu sein.“