Klar, Spieler entscheiden in der NBA die Partien. Doch auch die NBA-Coaches sind besonders gefragt. Sie müssen ihre Teams nicht nur top einstellen, sondern auch in engen Spielen gut reagieren und die richtigen Entscheidungen treffen. Aber was macht das perfekte Coaching im Basketball, in der NBA aus?

Steve Kerr und David Blatt liefern sich in den Finals das Coaching-Duell (Foto: Getty Images)

Steve Kerr und David Blatt liefern sich in den NBA-Finals das Coaching-Duell (Foto: Getty Images)

Es ist wie Schach. Du musst deinem Gegenüber immer im Kopf bereits einen Schritt voraus sein. Du musst zu jeder Zeit verschiedene Lösungsstrategien parat haben, alle Szenarien im Geiste schon durchgespielt haben. Was mache ich, wenn mein Gegenüber diesen oder jenen Zug tätigt? Welche Figur bringe ich ins Spiel, um das Match zu meinen Gunsten zu drehen? Es ist ein Nervenspiel, das du nur als gewiefter Stratege gewinnen kannst.

In der NBA sind die Coaches diese Strategen, sie sind die Großmeister des Basketballs. Und speziell in den Playoffs geraten sie verstärkt in den Fokus, denn in einer Sieben-Spiele-Serie müssen sie die richtigen Maßnahmen, die „Coaching Adjustments“, ergreifen. „Die Anpassungen beschäftigen dich rund um die Uhr“, sagt Pacers-Coach Frank Vogel. „Du leitest das Training, gehst ins Büro, schließt die Tür, schaust dir das letzte Spiel an. Dann guckst du es noch mal und achtest auf komplett andere Dinge. Ich liebe das. Es ist die schönste Zeit im Jahr.“

Entscheidende Kleinigkeiten

Auch Pistons-Coach Stan Van Gundy weiß, dass Playoff-Serien oft an der Seitenlinie entschieden werden. Mit den Magic und Heat hat er in den Playoffs von den NBA-Finals bis hin zum Erst-Runden-Aus schon alles erlebt. Der 55-Jährige erklärt, wie die Art des Coachings speziell in der Postseason funktioniert: „In erster Linie versuchst du, deiner Identität treu zu bleiben. Wenn du in der Saison Run ’n’ Gun gespielt hast, wirst du in den Playoffs nicht plötzlich ein Defense-Team. Solch radikale Veränderungen im Hinblick auf die Spielphilosophie machen Trainer fast nie. Es sind vielmehr die Kleinigkeiten.“

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Auf Matchup-Suche

Kleinigkeiten, die am Ende aber den Unterschied zwischen Sieg oder Niederlage und damit Weiterkommen oder Ausscheiden machen können. Dabei stehen vor allem die Matchups im Vordergrund. So versuchen die Coaches häufig, das richtige Mismatch zu finden, sprich ein Duell, bei dem man über den kräftigeren, größeren oder schnelleren Spieler verfügt. Eine Strategie, die den Mavericks nach Ansicht ihres früheren Assistantcoaches Dwane Casey, der heute die Raptors trainiert, 2011 den Titel beschert hat. „Unsere Entscheidung, J.J. Barea als pfeilschnellen Penetrator starten zu lassen, war ein sehr großes Adjustment – vielleicht das wichtigste während der gesamten Playoffs“, sagt er rückblickend, warnt aber zugleich vor zu großem Aktionismus. „Wenn einer deiner Spieler das ganze Jahr über nicht aufgepostet hat, wird er das in den Playoffs auch nicht können. Mit einer solchen Maßnahme schadest du deinem Team mehr.“

Weniger ist oft mehr!

Van Gundy stimmt seinem Kollegen in diesem Punkt zu. „Nur weil Spieler Größenvorteile haben, würde ich sie nicht zwangsläufig im Post einsetzen. Häufig liegen ihre Stärken ganz woanders.“ Ferner betont er, dass man auch auf ganze Aufstellungen, sprich kleine oder große Line-ups setzen kann, um sich einen Vorteil zu verschaffen und den Gegner aus dem Rhythmus zu bringen.

In der Vergangenheit hat dieser Schachzug den Trainern immer wieder Kopfzerbrechen bereitet. Sollen sie sich anpassen oder nicht? Im Osten gab Pacers-Coach Frank Vogel seine große Line-up gelegentlich auf, um mit der Small-Ball-Formation der Heat Schritt zu halten. Die Masterminds Tom Thibodeau (Chicago) und Dave Joerger (Memphis) sind stattdessen dafür bekannt, an ihrer eher großen Formation festzuhalten. Diese Beständigkeit ist nicht zuletzt einer der Gründe, warum die Bulls und Grizzlies von vielen Experten immer wieder als Geheimtipp betitelt werden. Denn sie seien ein ungünstiges, weil unkonventionelles Matchup für die offensiv-starken Truppen der Raptors, Cavs, Warriors, Clippers oder Mavs.

Vom Doppeln bis zur Timeout

Während es bei den Offensiv-Maß-nahmen häufig darum geht, das Erfolg versprechende Eins-gegen-eins-Duell zu finden und effektiv auszuspielen, geht es bei den Defense-Adjustments darum, genau dieses zu vermeiden. Ein häufig angewandtes und probates Mittel ist dabei das Double-Team. Gerade wenn ein Superstar heiß läuft, versucht man den Ball aus seinen Händen zu halten und vermeintlich schwächere Spieler zu Entscheidungen zu zwingen. Eine Maßnahme, die sich in diesen Playoffs vor allem bei James Harden lohnen würde, der in der Saison aus Eins-gegen-eins-Situationen mit 580 Punkten die mit Abstand meisten Zähler aller Stars herausgeholt hat. Doch auch hier muss mit Bedacht gehandelt werden. „Wenn du die Stars immer an den gleichen Stellen und auf die gleiche Art doppelst, verlierst du. Dafür sind die Spieler zu gut.“

Den kompletten Artikel gibt’s in BASKET 6/2015.